Feels like Hessen

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Look out for your Second Nature

Als sich im Jahr 2008 junge Coder:innen in Frankfurt das erste Mal trafen, um sich zu vernetzen, legten sie den Grundstein für das NODE Festival und eine visuelle Programmiersprache: VVVV.

Wir haben mit der Festivalleiterin und Geschäftsführerin von NODE e.V. Jeanne Vogt gesprochen und unter anderem gefragt, warum Creative Coding, VVVV und Frankfurt so wichtig für Kreative ist.

Feels like Hessen: Was bedeutet das diesjährige NODE20 Festivalmotto “Second Nature” für euch und euer Festival?

Jeanne Vogt: Der Begriff bedeutet letztlich eine zweite Natur, eine Gewohnheit, die zur Normalität wurde. Genau diese wollen wir überdenken und das „Normale“ neu definieren. Wir nutzen jeden Tag so viele Onlinedienste, die zwar total gut funktionieren, aber nicht nachhaltig sind. Das ist ein Dilemma. Wir haben uns an viele Dinge gewöhnt, die für uns zum Normalzustand geworden sind. NODE20 findet vom 2. – 8. Oktober statt und soll kein theoriegetriebenes Festival sein. Wir wollen Praxisvorschläge vorstellen, ausprobieren, machen und erdenken. Wir finden, dass der Diskurs um die Klimakrise zurecht dramatisch und dringlich geführt wird. Wir fragen aber, welche kleinen Dinge jede und jeder von uns tun kann – ganz konkret. Deswegen wollen wir auch unsere eigene Praxis überdenken.

Wie passt da die Annahme, dass Online das neue Normal sei?

Wir haben bei der Konzeption nicht an das Medienverhalten während der Pandemie angeknüpft. Es geht darum, ganz individuell zu gucken, was für jede Person möglich ist. Tatsache ist, dass Online leider nicht das neue Normal ist. Viele Haushalte sind dafür technisch nicht gut genug aufgestellt.

Für uns war die Debatte, ob wir das Festival wirklich online umsetzen wollen, sehr schwer. Die Kapazität, ein Festival online umzusetzen, haben wir. Doch wie nachhaltig ist das? Darüber sind wir auch ständig in der Diskussion. Wir versuchen, den nachhaltigsten Weg zu gehen.

Du bist gebürtige Nordhessin – wie bist du in Frankfurt und bei NODE e.V. gelandet?

Ein paar Stationen habe ich zwischendurch eingelegt. Nach dem Abi bin ich nach Jena gegangen, um BWL zu studieren. Ich bin Diplomkauffrau. Kulturarbeit, bzw. Kulturmanagement, begleitet mich aber schon mein ganzes Leben. Meine Schwester ist Programmiererin und hat bei NODE mitgearbeitet. Als dann eine Person gesucht wurde die organisieren kann, war ich sofort am Start. 

Die vielen tollen und kreativen Menschen, die sich mit einem Thema beschäftigen, das uns alle täglich betrifft – die Digitalisierung und digitale Medien – haben mich direkt begeistert. Dabei gestalterisch tätig zu sein und „Out of the Box“ zu denken mit all den Menschen aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen: das ist jeden Tag aufs Neue spannend.  Das war für mich ein ganz neuer Weg, etwas über die Welt und über meinen Alltag zu lernen. Bis dahin hatte ich viele Dinge einfach hingenommen.

Das heißt, dein Leben hat sich durch die Arbeit für NODE e.V. konkret geändert?

Ja, das würde ich so sagen! Durch die Arbeit im Verein habe ich angefangen, mich für netzpolitische Themen zu interessieren und konzipiere nun auch medienpädagogische Projekte. Dabei geht es um Empowerment und das Aneignen von Gestaltungsmitteln. Es ist eine politische Bildung mit dem Fokus auf digitale Technologien.

Ihr arbeitet auch viel mit Künstler:innen zusammen. Was ist dir dabei besonders wichtig?

Kunst kann ganz anders berühren. Es sind nicht immer große Expert:innen, die irgendeine Geheimsprache sprechen. Es sind Menschen, deren eigenes Interesse es ist, ihr Wissen zu vermitteln und anzuwenden. Damit regen sie zum Denken an und lösen ganz neue Prozesse aus.

Wie international ist NODE e.V.?

David Brüll und viele weitere Menschen haben im Jahr 2008 ein Festival, bzw. ein Community Treffen organisiert. Es geht dabei um Creative Coding, also um Programmierer:innen, die künstlerisch arbeiten. Ihnen gemein ist in diesem Fall, dass sie alle die Programmiersprache VVVV nutzen. Diese Programmiersprache wurde in Frankfurt, bei MESO, entwickelt. Ein hessisches Original, sozusagen.

Was macht VVVV besonders?

Es ist eine visuelle Programmiersprache, weswegen sie sich besonders gut für künstlerische Projekte anbietet. Die Benutzeroberfläche besteht mehr aus verschiebbaren Elementen und man sieht live den Output. VVVV ist so nerdig-nieschig aber dennoch in sehr vielen Bereichen für Menschen auf der Welt praktisch und nützlich. Deswegen ist die Community sehr groß und international. Das ist auch ein Grund, warum wir auf englisch kommunizieren. Unser Anliegen ist auf jeden Fall, auch ein weiterer Standort zu sein –neben Berlin und New York beispielsweise. Zu diesem Standort haben wir uns entwickelt. Die Spezialist:innen sind international mit uns vernetzt und wir holen es für unser Publikum in die Region. Und die wirken dann wieder hinaus in die internationale Szene.

Und mit den Spezialist:innen arbeitet ihr bei dem Festival zusammen?

Genau. Viele Leute kommen aus dem Kreativumfeld und arbeiten bei uns ehrenamtlich. Wir arbeiten aber auch mit verschiedenen Hochschulen und einer Menge Pädagog:innen zusammen. Aber auch viele Menschen aus der Jugendarbeit, der Sozialen Arbeit oder dem Bereich Medien- und Kommunikationsdesign haben NODE20 mit umgesetzt.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Hochschulen aus?

Wir arbeiten mit mehreren Hochschulen zusammen. Mit dabei sind die Goethe Universität und die Hochschule Mainz. Für letztere bedeutet das zum Beispiel, dass sie Teil des Projekts “Second Nature Lab” sind.
Eigentlich wollten wir, dass das Festival in diesem Jahr zum Labor wird. Das ging mit Corona natürlich nicht so, wie wir es uns vorgestellt haben. Mit den Hochschulen haben wir zum Beispiel nun verschiedene Projekte entwickelt, die wie ein Kurs in den nächsten Wochen stattfinden werden. So geht NODE in diesem Jahr einfach etwas länger und in Kleingruppen weiter.

Wie sieht euer Festivalkonzept in diesem Jahr aus?

Wir haben einzelne Tickets verlost, damit einige Wenige vor Ort im Mousonturm dabei sein können. Unser Hauptfestival findet vor allem online statt. Vorbei kommen kann man in der Naxoshalle. Dort haben wir ein VR-Portal in die virtuelle Welt aufgebaut und dort sind wir auch vor Ort, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen.
Außerdem haben wir ein Jugend(Ferien)programm. Da gibt es auch noch ein paar freie Plätze.

Wie kann man online teilnehmen?

Einfach vorbeischauen: Das Konferenzprogramm wird über diverse Soziale Medien gestreamt.

Wenn man mitdiskutieren will, kann man sich ein Ticket kaufen für die virtuelle Festivalzentrale. Corona-bedingt haben wir unsere Ticketpreise angepasst. Wir wollen, dass es allen Leuten, die teilnehmen wollen, auch möglich ist. In der Naxoshalle kann man übrigens nicht nur vor Ort vorbei gucken, sondern auch digital: Wir haben die Naxoshalle virtuell nachgebaut. Das sieht aus wie in einem Multi-Player-Onlinegame. Man kann sich einen Avatar erstellen und alles digital erkunden.

Alle Informationen und Tickets gibt es auf der Festival-Seite.