Gießener Gnome

Die Temperaturen steigen und uns zieht es hinaus in die Gärten ­– den präferierten Lebensraum der geschätzt 25 Millionen deutschen Gartenzwerge. Das Volk der Gartenzwerge galt ja lange als spießig, wurde belächelt und könnte in Zeiten von Hipstern in Urban-Garden-Anlagen nach und nach in siedlungsarme Provinzen verdrängt werden. Doch weit gefehlt: Der Gartenzwerg feiert ein unerwartetes Comeback. Wer hier mitgeht und dazu in höchster Kunstfertigkeit hergestellte Exemplare kennenlernen möchte, der schaue in Gießen bei Karl Moeller vorbei. Seine Figuren sind Pioniere in der wachsenden Population der Gartenzwerge.

Text: Michaela Thiele
Fotos: Karl Moeller

 
 

Der Gießener Designer erweckt die Gnome – so wurden sie bis 1930 genannt – zu neuem Leben, restauriert seltene Exemplare und verkauft sie. Einige stellt er nach historischen Vorlagen sogar selber her. Anfragen erhält er mittlerweile aus aller Welt, vor allem die Sammler aus Amerika stehen auf die „German Gartenzwerge“.

Der ehemalige Inhaber einer Werbeagentur hat vor über 30 Jahren sein Faible für Gartenzwerge entdeckt und angefangen, sie zu sammeln. „Aber warum ausgerechnet die häßlichen Gartenzwerge?“, musste er sich öfter fragen lassen. Doch gerade weil die Zwerge ein ästhetisches Streitobjekt darstellen und auf der Beliebtheitsskala eher ganz hinten rangieren, erkennt Moeller in ihnen eine Herausforderung. Es reizte den Designer, der am Städel Malerei studiert hat, sich mit diesen Figuren näher zu beschäftigen, sie zu hinterfragen und als Designobjekt neu zu entdecken.

Dabei geht Moeller nicht von der Kunst, sondern vielmehr vom ursprünglichen, echten Gartenzwerg aus. Vor drei Jahren begann er die Gartenzwerge aus Marmorbeton oder Keramik nicht mehr nur zu sammeln, sondern auch zu restaurieren, zu reproduzieren und zu verkaufen. Dabei unterscheiden sich seine Gnome erheblich von den Namensvettern, die normalerweise in deutschen Vorgärten für gute Laune sorgen sollen: Grelle Farben, rote Pausbäckchen, Lidstrich und Lippenstift sucht man vergeblich. Seine Zwerge arbeitet Karl Moeller im Stil der Arbeiten Ende des 19. Jahrhunderts, sie tragen dunkle, unauffällige Kleidung, sehen Menschen sehr ähnlich und haben ein schelmenhaftes, lebendig anmutendes Gesicht, so wie es damals Mode war. Denn die meisten seiner tischhohen so genannten „Upper Class Gnomes“ sind um 1880 entstanden und stammen aus angesehenen Manufakturen wie Johann Maresch, Bernhard Bloch oder Heissner. Sie dienten als Gartenschmuck für die Wohlhabenden, erst später wurden sie, in der Formgebung meist stark vereinfacht, in Massenproduktion hergestellt und zum Kitschobjekt degradiert.  

Das Geschäft und der Bekanntheitsgrad Moellers wuchsen, er machte sich schnell einen Namen in der Welt der Sammler. Mittlerweile ist er in der Szene zu einem der besten und beliebtesten Restauratoren geworden. Das komplizierte Handwerk erfordert neben malerischem Talent jede Menge Stilsicherheit, die Moeller als studierter Künstler und Ästhet mitbringt. Da sich Moeller jedoch nicht nur für seine Zwergenkunst, sondern auch für Geschichte und Mythologie der Gnome interessiert, kann er so manche spannende Geschichte aus der Welt der Zwerge erzählen.

Als „Zwergenkönig“ ermöglicht er ganz stilsicher, ästhetisch und historisch korrekt den Gnom im eigenen Garten, frei nach dem Motto des Poeten Klaus Eders: „Wer Gartenzwerge hat, fühlt sich ein Stück größer“.

Karl Möller: www.homegnome.de

 

Lieblingsorte von Karl Moeller für…

...Kollegen: Pits Pinte, Alter Friedhof facebook.com/Pits-Pinte

...Freunde: Mittagstisch im Restaurant Zum Löwen zum-loewen-giessen.de

...Familie: sein Haus

...Geschäftspartner: Restaurant Knossos www.knossos-giessen.de

…Besuch von außerhalb: Das Mathematikum www.mathematikum.de Kunsthalle www.kunsthalle-giessen.de Dachcafé dachcafe.com

Lieblingsfilm: Der Mann der Friseuse