My Einzelhandel, next Level!

“Es wird ja oft gesagt, man sieht sich zweimal im Leben. In Marburg sieht man sich neun Mal.” Für Moritz Petri ist Marburg wie eine kleine Familie oder wie ein Kurort für Studenten. Das Leben in der nordhessischen Stadt ist einfach entspannt. Und genauso entspannt ist Moritz vor sechs Jahren das Projekt Myregalbrett angegangen. Noch während des Studiums hat er 3000 Euro zur Seite gelegt, eine Ladenfläche gemietet und einfach geschaut, was dann passiert.


Text: Janine Hertel

Foto: Myregalbrett


In Zeiten, in denen Online Shops immer mehr Einzelhändler in die Knie zu zwingen drohen, hat Moritz sich bewusst dazu entschlossen, mit seinem Laden und dem Konzept von Myregalbrett offline zu bleiben und sich damit vollkommen unabhängig vom Online Geschäft zu machen.

Das Konzept ist schnell erklärt: Es gibt verschiedene Regal- und Sonderflächen in unterschiedlichen Preiskategorien, die jeder mieten kann, um die selbstgemachte Ware zu verkaufen oder auch eine Dienstleistung anzubieten. Das Sortiment wechselt ständig, darunter vor allem Krimskrams, Geschenkideen, Möbel, Delikatessen, Klamotten und ganz viel Erstaunliches mehr. Ab und zu kommen Mieter mit ziemlich skurrilen Sachen vorbei. Moritz erzählt, in der Anfangszeit des Ladens wollte jemand für 600 Euro seine selbstgebaute Dampfmaschine verkaufen. Losgeworden ist er sie – nur wenig überraschend  – allerdings nicht.

Dass sich nicht alles gleich erfolgreich verkauft, ist natürlich klar. Aber Myregalbrett verlängert gerne von sich aus mal die Mietzeit einer Fläche, wenn es für die Aussteller nicht so gut läuft, so dass sie am Ende hoffentlich mit einem Plus rauskommen können. Und auch sonst ist das Modell sehr flexibel. Je nachdem wie es gerade läuft, können die Aussteller selbst entscheiden, ob sie verlängern wollen oder nicht. Alles hier: extrem entspannt.

Mit seiner grundentspannten “Mal sehen was so kommt”-Haltung fährt Moritz offensichtlich genau richtig. Der Laden wächst stetig. Und vor zwei Jahren konnte Myregalbrett nur wenige Meter von dem ursprünglichen Laden entfernt in eine größere Räumlichkeit ziehen. In der urigen und belebten Oberstadt absolut perfekt gelegen, kann sich das Geschäft über viel Laufkundschaft erfreuen. Vor allem zur Weihnachtszeit boomt das Geschäft. Genau zwischen den beiden Marburger Weihnachtsmärkten gelegen, schneit in eben jener Zeit viel regionale wie auch überregionale Kundschaft herein. Der Andrang und die Mietanfragen nehmen allerdings auch im Januar und Februar nicht wirklich ab: momentan sind 124 verschiedene Aussteller im Laden untergebracht. Sie kommen von überall her, viele natürlich auch aus Marburg und Umgebung. Manche sind sogar Nachbarn, wohnen oben drüber, um die Ecke, nebenan. Man versteht also, was Moritz meint, wenn er sagt, “Marburg ist ein Dorf.” Und das im allerpositivsten Sinne!

 

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