Giftige Begegnungen: Dokumentarfilmer Oliver G. Becker in Bangladesch
Oliver G. Becker ist Dokumentarfilm-Autor und Produzent aus Frankfurt am Main. Er hat sich auf Wissenschaftsthemen, Zeitgeschichte und politische Brennpunkte spezialisiert. Seine Karriere begann mit verschiedenen Praktika beim Hessischen Rundfunk und bei der Probono Television Production Company in Köln. Ein Arbeitsstipendium führte ihn auch in die USA. Seit 2001 ist Becker als selbstständiger Dokumentarfilmer tätig und hat zahlreiche Produktionen für große Medienunternehmen realisiert. Seit 2017 ist er zudem als privater Dozent bei der Bundeswehr tätig und schult militärisches Führungspersonal in Kameraperformance und Interviewtechniken.
Wir treffen uns mit Oliver am Schnittplatz – mitten im Herzen der kreativen Arbeit, wo seine beeindruckenden Dokumentationen Gestalt annehmen. Ein Blick hinter die Kulissen bietet die einmalige Gelegenheit, den Filmemacher hautnah bei der Arbeit zu erleben und in die Atmosphäre seines Studios im Ostend einzutauchen. Dort erzählt er von seinem neuen Dokumentarfilm, der in Bangladesch gedreht wurde, und gibt Einblicke in die enormen Herausforderungen, die diese Produktion mit sich brachte.
Text: Clara Glaus
Bilder: Occasione Documentaries, Oliver G. Becker
Datum: 19.12.2024
Herr Becker, können Sie sich kurz vorstellen?
Mein Name ist Oliver Becker. Ich bin Dokumentarfilmautor und -Produzent aus Frankfurt am Main. Ich beschäftige mich mit Wissenschaftsthemen, Zeitgeschichte und gelegentlich auch mit “Hot Politics”. Ich wohne und arbeite in Frankfurt am Main und habe dort 2001 meine Produktionsfirma Occasione Documentaries gegründet.
Wie kamen Sie auf das Thema Ihres neuesten Films?
Bangladesch ist eines der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder. Durch das Abschmelzen der Gletscher im Himalaya, einen steigenden Meeresspiegel und immer unberechenbarer werdende Monsunregen wird das Land oft zu einem Drittel überschwemmt. Mit einer äußerst dichten Bevölkerung von 160 bis 200 Millionen Menschen entstehen enorme Herausforderungen. Hinzu kommen die Gefahren durch Giftschlangen – jährlich sterben etwa 7.500 Menschen an Schlangenbissen. Diese Kombination von Klimawandel, Bevölkerungsdichte und Gefahren durch Tiere macht Bangladesch zu einem besonders relevanten Untersuchungsgebiet.
Welche Lösungsansätze zeigt Ihr Film auf?
Ein zentraler Aspekt des Films ist der Einsatz von Drohnen, um die medizinische Versorgung zu verbessern. Gemeinsam mit der RWTH Aachen und der Universität Frankfurt wurde ein System entwickelt, das Antivenin, also Gegengift, per Drohne in abgelegene überflutete Gebiete transportiert, um dort Schlangenbissopfern schnell zu helfen. Diese Drohnen sind Vertikalstarter, die punktgenau Medikamente abwerfen können. Damit können sie Menschen erreichen, die aufgrund der schlechten Infrastruktur keinen Zugang zu Ärzten oder Krankenhäusern haben. Der Zeitfaktor ist dabei entscheidend, da unbehandelte Schlangenbisse schnell zu schweren Verletzungen oder dem Tod führen können.
Welche Herausforderungen gab es bei den Dreharbeiten?
Die Dreharbeiten in Bangladesch waren anspruchsvoll. Die klimatischen Bedingungen wie hohe Luftfeuchtigkeit und Monsunregen stellten nicht nur das Equipment, sondern auch uns vor Herausforderungen. Zudem ist die logistische Planung in einem Land mit begrenzter Infrastruktur komplex. Eine besondere Herausforderung und zugleich Faszination waren die Dreharbeiten mit den Giftschlangen. Dank der Unterstützung lokaler Experten, die das Verhalten der Schlangen genau kennen, konnten wir diese Szenen sicher umsetzen.
Welche Rolle spielen die Menschen vor Ort?
Die Menschen in Bangladesch sind ständig mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert. Besonders betroffen sind Landarbeiter, Fischer und Kinder, die oft keine Möglichkeit haben, nach einem Schlangenbiss schnell medizinische Hilfe zu bekommen. Es gibt zudem ein Venom Research Center, das sich auf die Herstellung von Antivenin spezialisiert hat und eng mit internationalen Partnern zusammenarbeitet.
Was möchten Sie mit Ihrem Film erreichen?
Mein Ziel ist es, Aufmerksamkeit für die Auswirkungen des Klimawandels und die dadurch ausgelösten Veränderungen in der Tierwelt zu schaffen. Der Film soll zeigen, wie Wissenschaft und Technologie dazu beitragen können, innovative Lösungen für globale Probleme zu entwickeln. Gleichzeitig möchte ich die Leistungen der Menschen vor Ort würdigen, die unter schwierigsten Bedingungen versuchen, ihre Lebensumstände zu verbessern.
Wie setzen Sie Ihre Projekte um?
Meine Arbeit basiert auf einer engen Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, lokalen Fachkräften und langjährigen Teammitgliedern. Der Schnitt meiner Filme wird von meinem langjährigen Partner Stefan Knauer übernommen, der seit über 20 Jahren ein unverzichtbarer Teil meiner Produktionen ist. Gemeinsam verarbeiten wir oft mehrere Terabyte an Filmmaterial, um die Geschichten so präzise und eindrucksvoll wie möglich zu erzählen.
Was sind Ihre nächsten Projekte?
Ich arbeite an einer Dokumentation über die Herstellung von Antivenin in Bangladesch und die Rolle indigener Gemeinschaften im globalen Klimaschutz. Diese Gemeinschaften verfügen über ein tiefes Wissen, das in der heutigen Klimakrise von unschätzbarem Wert ist. Außerdem arbeite ich an einer weiteren Produktion für den Fernsehsender Phoenix, die sich mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland beschäftigt.
Hier könnt ihr den Film FlutNetz zu “Klimawandel und Giftschlagen in Bangladesch” anschauen.
Hier könnt ihr mehr über Oliver G. Becker und seine Filme erfahren: Occasione Documentaries