PIER F – Ein Hafen für grüne Visionen

PIER F – Zukunftshafen Frankfurt ist seit seiner Gründung im Jahr 2015 ein lebendiger Treffpunkt für alle, die Nachhaltigkeit und Innovation in der Baukultur vorantreiben möchten. Als Initiative der Frankfurter Architekturplattform AiD – Architektur im Dialog, unter der Leitung von Susanne Petry, bietet das PIER F Kreativen, Architekten und Unternehmen aus dem Nachhaltigkeitsbereich einen inspirierenden Raum für Ideen, Projekte, Austausch und Networking. Auf den Showroom-Flächen werden zukunftsweisende Materialien und Produkte präsentiert, während die Veranstaltungsreihe „Grünen Salon“ durch Vorträge und Workshops die grüne Baukultur aktiv vermittelt wird. Bei Führungen durch Innenstadt und Ostend samt Besuchen energieeffizienter Gebäude und Projekte erläutert PIER F die Idee der „Green City” und verbindet Theorie mit Praxis – direkt in einer der nachhaltigsten Städte der Welt: Frankfurt.
Text und Bilder: Clara Glaus
Datum: 18.02.2025
Susanne Petry, Gründerin von PIER F und Vorsitzende des angeschlossenen Zukunftshafen Frankfurt e. V., ist Diplom-Architektin und war früher als Planerin tätig. 2010 entschied sie sich, einen neuen Weg zu gehen und den Klimaschutz stärker in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu rücken. Mit der Gründung von Architektur im Dialog (AiD) legte sie den Grundstein für eine Plattform, die Wissenstransfer und Innovation in der Baukultur vereint. Aus dieser Vision entstand PIER F als ein Ort, der Austausch, Präsentation und Bildung verbindet. Ob mit nachhaltigem Design, langlebigen Materialien oder innovativen Konzepten – PIER F zeigt eindrucksvoll, wie Baukultur zur treibenden Kraft für Klimaschutz und gesellschaftliche Veränderung werden kann.



"Unsere konkreten Ziele sind, nachhaltige Lösungen aufzuzeigen, Menschen zusammenzubringen und zu motivieren, mehr für den Klimaschutz zu tun. Wir wollen das Netzwerk stärken und gemeinsam mehr erreichen, als es uns allein möglich wäre."
– Susanne Petry, Gründerin PIER F und Vorsitzende Zukunftshafen Frankfurt e. V.
Was versteht man unter „grüner Baukultur“?
Grüne Baukultur bedeutet, ressourcenschonend zu bauen und dabei an zukünftige Generationen zu denken. Ziel ist es, den CO₂-Fußabdruck der Bauindustrie zu senken, was wir durch positive Beispiele verdeutlichen. Ein solches Beispiel ist die Alte Textilfabrik in Weyhers/Rhön: Wir haben sie vor dem Abriss gerettet und ein Konzept für gemeinschaftliches Wohnen und Kultur entwickelt. Die Umsetzung ist in diesen turbulenten Zeiten zwar schwierig, aber man sieht, wie Nachhaltigkeit und kreatives Denken historische Gebäude erhalten können.
Mit welchem Team arbeitest du zusammen?
Das PIER-F-Team vereint Expertise: Michael Behrendt betreut Texte und Lektorat, Ernst Stratmann ist unser langjähriger Fotograf und Ursel Schönberg organisiert ergänzend zu mir die Green City Touren. Daneben arbeiten wir mit unterschiedlichsten Freelancern zusammen. Alle tragen mit ihrem Fachwissen zum Erfolg bei.



Wie hat sich das PIER-F seit seiner Gründung entwickelt und welche Ziele verfolgt ihr in den nächsten Jahren?
Seit seiner Gründung 2015 hat sich das PIER-F als Austausch- und Vernetzungsort etabliert, mit einem Showroom für nachhaltige Materialien und mit Workshopräumen. Unsere konkreten Ziele sind, nachhaltige Lösungen aufzuzeigen, Menschen zusammenzubringen und zu motivieren, mehr für den Klimaschutz zu tun. In den nächsten Jahren wollen wir das Netzwerk stärken und gemeinsam mehr erreichen, als es uns allein möglich wäre.
Wie gestaltet sich der Arbeitsalltag hier mitten im Industriehafen?
Wir haben uns bewusst gegen einen Standort in der Stadt oder in einem grünen Park entschieden. Das Industriegebiet am Hafen hat für uns eine besondere Bedeutung. Meine Diplomarbeit beschäftigte sich mit einem Areal im Osthafen – damals habe ich mich in das Industrieambiente verliebt. Der Hafen hat in dieser Zeit viele Veränderungen und eine drastische Entwicklung durchlaufen. Unsere Vision ist es, die Industrie zu bewegen, mehr für Nachhaltigkeit zu tun, und vielleicht gelingt es uns, hier in den nächsten Jahren einen „grünen Hafen“ zu realisieren.
“Stadtentwicklung bedeutet heute in erster Linie Klimaanpassung. Schließlich können wir Städte nicht nur so gestalten, dass sie unseren heutigen Bedürfnissen entsprechen, sondern sie müssen auch zukunftssicher und widerstandsfähig sein, mit dem Ziel, intelligente und sichere Lebensräume für kommende Generationen zu schaffen.”
– Susanne Petry, Gründerin PIER F und Vorsitzende Zukunftshafen Frankfurt e.V.
Wie hat sich die Stadt Frankfurt in den letzten Jahren im Hinblick auf „Nachhaltigkeit“ entwickelt?
Frankfurt hat beachtliche Fortschritte gemacht. Die Stadt ist ein Vorreiter in den Bereichen nachhaltige Stadtentwicklung, saubere Energie und E-Mobilität. Ein herausragendes Beispiel für diese Entwicklung ist der Hafenpark. Das Gelände, das bis in die 1990er Jahre ein kontaminierter Schrott- und Kohleplatz war, wurde seitdem umfangreich saniert und ist heute ein grüner, lebenswerter Raum. Meine Diplomarbeit habe ich 1996 gemacht, und ich erinnere mich daran, wie ich damals mit einem Kollegen, der gern fotografiert hat, durch das Gebiet lief, um Bilder von der damaligen Situation einzufangen. Was einst eine Mülldeponie voller Schrott und Schutt war, ist heute ein Paradebeispiel für nachhaltige Stadtgestaltung. Der Hafenpark und das Hafenpark-Quartier (HPQ) zeigen, wie durch gemischte Nutzung und die Integration von Freizeit-, Kultur-, Wohn- und Gewerbeflächen ein funktionales und gleichzeitig umweltfreundliches, klimaresilientes Stadtgebiet entsteht.







Wie fördert Frankfurt nachhaltige Architektur?
Auch Häuser befinden sich in einem nachhaltigen Wandel. In Frankfurt wurden Passivhäuser, Aktivhäuser, Plus-Energie-Häuser und das bemerkenswerte Öko-Haus, durch dessen Mitte ein Bach fließt, realisiert. Passivhäuser sind so konzipiert, dass sie äußerst energieeffizient sind und nur wenig Energie benötigen, um im Winter warm und im Sommer kühl zu bleiben. Aktivhäuser hingegen erzeugen aktiv ihre eigene Energie aus erneuerbaren Quellen (z. B. mit Solarpanelen). Einige dieser Gebäude, die als Plus-Energie-Häuser bezeichnet werden, produzieren mehr Energie, als sie verbrauchen, und können so benachbarte Gebäude mit Strom versorgen oder Energie ins Netz zurückspeisen.
Diese innovativen Gebäude und das nachhaltige Design machen die Stadt einzigartig, einschließlich der „Neuen Altstadt“. Nach der fast vollständigen Zerstörung Frankfurts im Zweiten Weltkrieg begann die Stadtverwaltung Anfang der 2000er Jahre mit einer Neugestaltung des Zentrums. Eine Lösung wurde gefunden, die Modernes und Historisches vereint, inspiriert durch einen europaweiten Architekturwettbewerb und in Absprache mit den Bürgerinnen und Bürgern. Das Projekt wurde 2018 fertiggestellt.
Wie wird modernes Bauen mit traditionellen Materialien vereint?
Das Bauen von morgen basiert auf einer Rückbesinnung auf bewährte Materialien aus der Vergangenheit. Lehm, ein traditionelles Baumaterial, erlebt heute ein Comeback. Gleichzeitig wird ökologisches Bauen immer vielfältiger. Statt Beton setzt man zunehmend auf Holz – sogar für Hochhäuser. Solarpanels in unterschiedlichen Farben schaffen eine frische, unauffällige Ästhetik. Auch Schafwolle zeigt ihre Vielseitigkeit als hervorragender Dämmstoff, während Vorhangstoffe aus recycelten Plastikflaschen eine nachhaltige Alternative bieten. Selbst bei der Gestaltung von Türen setzt man auf organische Materialien wie Baumrinde – auch Stroh oder Lavendel wären denkbar. So wird traditionelles Handwerk mit modernen nachhaltigen Innovationen vereint.
“Die Smart Green Box verbindet Wohnraum mit Kommunikationstechnologien und soll wohnungslosen Menschen helfen, wieder Teil der Gesellschaft zu werden. Unser Ziel ist es, innovative Materialien und Technologien zu nutzen, um sozialen Wohnbau neu zu denken.”
– Susanne Petry, Gründerin PIER F und Vorsitzende Zukunftshafen Frankfurt e.V.
Welche aktuellen Projekte habt ihr in Arbeit?
Ein spannendes Projekt, das wir mit dem gemeinnützigen Zukunftshafen e.V. verfolgen, ist die Smart Green Box. Diese wurde im Rahmen einer Ausschreibung für soziokulturelle Projekte ausgewählt und gehört zu den zwölf bundesweiten Projekten, die gefördert werden. Die Smart Green Box ist ein Experiment – noch in der Konzeptionsphase –, bei dem soziokulturelle Themen mit moderner Technologie kombiniert werden, um Menschen zu helfen, aus der Obdachlosigkeit in ein selbstbestimmtes Leben zu finden. Ziel der Smart Green Box ist es, wohnungslosen Menschen nicht nur temporären Wohnraum zu bieten, sondern ihnen durch die Integration von Kommunikationstechnologien auch zu ermöglichen, weiterhin aktiv am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilzuhaben. Diese Mikrohäuser als Übergangsunterkünfte sollen so konzipiert werden, dass sie nachhaltig, energieautark und langlebig sind. Sie kombinieren intelligente Technologien mit nachhaltigen Materialien und fördern einerseits die digitale Teilhabe, andererseits die digitale Straßensozialarbeit, um eine soziale Wiedereingliederung zu ermöglichen. Allein in Frankfurt leben rund 200 Menschen auf der Straße, während etwa 170 Männer und über 30 Frauen in Verkehrsbauwerken und Winternotschlafstellen untergebracht sind. Hinzu kommen circa 4.000 wohnungslose Menschen in Übergangsunterkünften sowie rund 5.500 Geflüchtete.
Wir sind stolz, mit der Smart Green Box ins Programm der World Design Capital 2026 aufgenommen worden zu sein und freuen uns darauf, aktiv zu diesem spannenden Thema beizutragen!
Das Team von PIER F
Weitere Informationen zu PIER F findet ihr auf der Homepage.
Auch zu dieser Thematik: “Cities in Motion #2, Frankfurt – the sustainable superstar” & “Frankfurt – The Sustainable Superstar”
